„Die Erkenntnisse überraschen mich wirklich“ – GPRA im Gespräch mit kommoguntia und KOMMON

16. Juli 2019 Annett Bergk

Das Traineeship soll für Absolventen keine Blackbox bleiben. Die Gesellschaft der führenden PR- und Kommunikationsagenturen in Deutschland (GPRA) setzt daher die vom „PR-Journal“ initiierte Roadshow fort, und spricht am 9. Juli in Mainz mit der studentischen PR-Initiative kommoguntia und der Studierendeninitiative KOMMON, die aus Darmstadt anreist.

Auf den Weg zur Johannes Gutenberg-Universität Mainz machen sich Alexandra Groß, Stellvertretende Präsidentin der GPRA, Loredana Schelper, Account Executive im Bereich Creative Strategy & Innovation bei FleishmanHillard, Sonja Haag, PR Consultant bei Publik, Anne Ausfelder, Junior Beraterin bei Advice Partners, und Samuel Gönner, Trainee PR & Marketing bei Fink & Fuchs.

Thomas Dillmann, Chefredakteur vom „PR-Journal“, führt mit fachkundigen Fragen die Diskussionsrunde an. In seinem Impulsvortrag lässt er die bisherigen Diskussionsrunden kritisch Revue passieren und zeigt auf, wie viel beide Seiten bereits voneinander erfahren haben. Zum Einstieg in die Mainzer Diskussionsrunde fordert er die Studierenden auf, konkret zu formulieren, was ihnen bei einem Einstiegsprogramm besonders wichtig ist. Dazu notieren die Anwesenden ihre Wünsche und Forderungen auf vorbereitete Moderationskarten; diese werden anschließend in fünf Statements geclustert.

„Ich möchte einen Überblick bekommen“

Die künftigen Absolventen möchten die Möglichkeit bekommen, sich auszuprobieren – beispielsweise in einer „Schnupperwoche“, in der festgelegt wird, wie es anschließend weitergehen soll. Dabei möchten sie vor allem Einblicke in die verschiedenen Bereiche der Agentur bekommen und auch an anderen Standorten eingesetzt werden.

Haag standen schon während ihrer Zeit als Praktikantin die Türen der Chefs immer offen: „Nach dem Einblick war mir klar, dass ich nach meinem Bachelor-Abschluss nicht mehr weiter studieren, sondern ins Berufsleben einsteigen wollte. Die Agentur hat mir einen Plan vorgelegt, wie es als Trainee weitergehen würde, und mir deutlich zu verstehen gegeben, dass man an meiner Anstellung interessiert sei. So wusste ich, worauf ich mich einlasse, und habe zugesagt.“

„Ich bin ins kalte Wasser gestoßen worden“, sagt Schelper. Doch das sieht sie nur als Vorteil: „Ich habe in dieser Zeit unglaublich viel gelernt. Bis heute arbeiten die verschiedenen Teams sehr eng zusammen. Ich konnte überall reinschnuppern und war projektbedingt auch in den anderen Offices zu Besuch.“

Ausfelder berichtet von einem Probearbeitstag im Rahmen des Bewerbungsprozesses, der – rein fachlich gesehen – natürlich nicht repräsentativ für die künftigen Aufgaben sein konnte, jedoch einen echten Eindruck davon vermittelte, wie das Team funktionierte. Später dann hat sie proaktiv die Verkürzung ihrer Trainee-Zeit angesprochen und wurde als Junior übernommen. „Nach meinem Verständnis ist das Einstiegsprogramm in der Agentur nicht nur individuell auf den Trainee zugeschnitten, sondern natürlich auch auf die Agentur. So macht es für beide Seiten absolut Sinn, die Zusammenarbeit nach dem Traineeship fortzusetzen.“

Groß stimmt zu: „All die Trainings, Zusatzausbildungen, Stunden der Reflexion sind Investitionen der Agentur in die Weiterqualifizierung der Berufseinsteiger. Schon deshalb haben Agenturen ein großes Interesse daran, die Trainees auch als Berater zu übernehmen.“

„Ich möchte, dass mein Traineeship flexibel gestaltet wird“

Die Studierenden pochen auf Flexibilität. Es brauche, so die vorrangige Meinung, keine festgesetzte Dauer. Im Widerspruch dazu stünde jedoch nicht, dass der Ablauf im Voraus festgelegt und transparent kommuniziert werde. Eine Kombination also aus aktiver Gestaltung und Flexibilität – ist das so möglich?

„Genau diese Kombination habe ich erlebt“, sagt Haag. „Es war von Anfang an klar, dass das Traineeship mindestens zwölf, maximal jedoch 18 Monate andauern würde. Es wird immer vorab geschaut, welche Voraussetzungen der Bewerber mitbringt. Trainings werden individuell angepasst und können proaktiv eingefordert werden.“

„Die GPRA hat gelernt, dass Mindest-Standards hemmen können“, sagt Groß. „Das Umfeld bewegt sich und wir müssen uns mitbewegen. Dazu wollen wir künftig einen Rahmen vorgeben, der von unseren Mitgliedsagenturen und in Absprache mit den Trainees individuell ausgestaltet werden kann. Die Agenturen sind bei ihren Traineeships bereits weitaus flexibler als man annehmen möchte.“

„Ich möchte mich weiterentwickeln“

Individuelle Weiterbildung und Spezialisierung ganz abhängig von persönlichen Zielen und Fähigkeiten, das ist die Traumvorstellung eines künftigen Absolventen. Man wünscht sich intensives Coaching bei festen Mentoren, die jederzeit erreichbar sind.

„Ich kann nur jedem empfehlen: Fordert ein, was ihr braucht!“, sagt Groß „Jeder muss für sich selbst eine Vision entwickeln, welche Rolle er in einer Agentur künftig einnehmen möchte und das im Laufe des Traineeships ansprechen.“

Gönner stimmt zu: „Ich habe im Bewerbungsgespräch explizit nach einem Gerüst, nach einem Plan gefragt. Aber ich glaube, dass es darüber hinaus wichtig ist, mit offenen Augen durch die Welt zu gehen und sich weiterzuentwickeln.“

Schelper bringt es auf den Punkt: „Man muss keine Forderungsliste stellen. Es ist ein gegenseitiges Geben und Nehmen.“

„Ich möchte Wertschätzung erfahren im Umgang“

Für die Studierenden ist es wichtig, früh Verantwortung zu übernehmen und im direkten Kundenkontakt zu stehen. Dazu zählt für sie auch das Einbringen eigener Ideen und die Möglichkeit, diese auch umzusetzen. Dass sie dabei als vollwertiger Mitarbeiter angesehen und behandelt werden wollen, versteht sich von selbst. Das Traineeship, so sind sich die Vertreter beider Studierendenvereinigungen einig, müsse seinen „Azubi-Status“ ablegen. Das wird dem Einstiegsmodell definitiv nicht gerecht.

„Es gab keinen ‚Azubi-Status‘“, lacht Gönner. „Ganz und gar nicht. Ich wurde ins kalte Wasser geworfen. Ich habe auf fünf verschiedenen Kundenteams angefangen zu arbeiten und – angesichts der unterschiedlichen Persönlichkeiten und Gewohnheiten von Kollegen und Kunden – musste ich den großen Schritt vom Ich-bezogenen Denken hin zur Team-Arbeit meistern.“ Ausfelder bestätigt, dass die Lernkurve in dieser Zeit besonders hoch ist und ergänzt: „Die Übertragung von Verantwortung ist eine sehr hohe Form von Wertschätzung.“

„Doch man ist auch dafür verantwortlich, seine Kapazitäten zuk ommunizieren“, sagt Schelper. „Ich musste lernen, auch Nein zu sagen. Doch bei uns passen die Teamkollegen aufeinander auf. Es ist ein starkes Miteinander.“

„Warum reichen drei Monate für diesen Prozess nicht aus?“, will Dillmann von den Agenturvertretern wissen.

Die Erfahrung mache letzten Endes den Unterschied. Man müsse zunächst einmal mitlaufen und den Transfer von Gelerntem in der Uni hin zu einer echten Berater-Tätigkeit meistern. Der Entwicklungsprozess, um Beratungssituationen kennen- und einschätzen zu lernen, mutig Gesprächssituationen mit dem Kunden zu moderieren sowie den Erwartungen auf Kundenseite selbstbewusst entgegenzutreten, brauche Zeit. Das lerne man nicht in drei Monaten, so sind sich die Agenturvertreter einig.

„Ich möchte Wertschätzung erfahren in Form von Vergütung“

Die Studierenden machen es einfach: Sie verlangen ein faires Gehalt. Dillmann nimmt den Faden sofort auf und fragt die GPRA, was genau denn ein faires Gehalt sein könne.

„Grundsätzlich spiegelt ein Gehalt Beraterkönnen und Erfahrung wider. Zahlreiche GPRA-Agenturen haben ihre Traineegehälter inzwischen angepasst und als Verband überarbeiten wir derzeit unsere inzwischen in die Jahre gekommene Empfehlung“, sagt Groß. „Dabei ist aber wichtig: Wer sich für die Berater-Laufbahn und den Einstieg als Trainee entscheidet, bekommt ein Paket, das neben dem Gehalt auch Zusatzleistungen und Qualifizierungsbudget enthält. Agenturen bieten in der Regel im Rahmen ihres Programms zahlreiche Seminare an. Andere Agenturen lassen den Trainees inzwischen freie Hand bei der Auswahl von Weiterbildungen.“

„Klar wünscht man sich immer mehr“, lacht Schelper. „Aber im Hinblick auf den Gehaltssprung mit der Ernennung zum Junior habe ich meine Vergütung als mehr als fair empfunden.“

Man darf nicht nicht kommunizieren

„Die Erkenntnisse der heutigen Diskussion überraschen mich wirklich“, resümiert Jonas-Luca König, Vorstandsmitglied bei kommoguntia. „Ich finde es erstaunlich, dass es die Kommunikationsbranche nicht schafft, den Einstieg über Traineeprogramme zu vermarkten. Ich hatte kommunizierte ‚Standards‘ im Kopf und dachte, Individualität beispielsweise müsse man verstärkt einfordern.“

Auch Sven Wieland, der als aktives Mitglied bei KOMMON für die Diskussion den Weg aus Darmstadt auf sich genommen hat, zeigt sich verwundert: „Mit den bisherigen Informationen habe ich überhaupt nicht gewusst, worauf ich mich mit einem Traineeship einlassen würde. Nun bin ich tatsächlich sehr von dem Konzept überzeugt.“

Von einer Wunschliste der Studierenden an das Traineeprogramm in Agenturen kann nach dem Gespräch in Mainz keine Rede sein. Die Erwartungen und Wünsche sind gängige Praxis, unterscheiden sich aber von Agentur zu Agentur. Woran es zu hapern scheint, sind die sprichwörtlichen Leisten des Schusters: „Man fängt tatsächlich immer erst dann an zu kommunizieren, wenn man merkt, dass man in ein Problem hineinläuft“, sagt Groß. „Die Agenturen hatten lange kein Problem damit, Trainees zu finden und mussten ihr Traineeship lange nicht erklären. Das hat sich definitiv verändert. Die GPRA hat die Herausforderung angenommen und wird künftig noch tiefere Einblicke geben.“

Nach dem fünften Stopp der GPRA-Roadshow in Mainz steht ein weiterer Termin in diesem Jahr an. Besucht werden soll die Studierendeninitiative aus Leipzig. Für 2020 stehen weitere Hochschulen auf der Agenda.

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